Ich will dir von einer Erfahrung ganz besonderer Art erzählen:
Seit einiger Zeit bete ich nämlich täglich um bedingungslose Liebe.
Angefangen habe ich mit sehr gemischten Gefühlen.
Von „ich bin doch noch soooo weit weg davon“ bis „eigentlich bin ich schon ganz gut drin“. Wird das Leben dann nicht total langweilig? Kann ich dann noch am normalen Leben teilnehmen oder werde ich ein konturloser Sonderling, selig schwebend ohne Erdung? usw. Und natürlich war auch die Angst vor Veränderung und dem Unbekannten da.
Nun, was geschah und immer noch geschieht, war für mich sehr unerwartet. Ich wurde nicht einfach von Tag zu Tag lieber. Und ich fing auch nicht gleich damit an, alles zu lieben, was mir bisher widerstrebte.
Es kam ganz anders:
Es wird mir peu à peu gnadenlos aufgetischt, wo´s mir an bedingungsloser Liebe fehlt.
Es geht vor allem an´s Eingemachte: Meine Triggerpunkte wurden und werden noch auf´s Heftigste herausgefordert. Sobald ich mit etwas in Resonanz gehe, hat es ja mit mir zu tun. Was mich nicht betrifft, berührt mich nicht. Es kommen mitunter sehr tiefsitzende Wunden, Muster und Glaubenssätze an´s Tageslicht. Und manchmal geht es bloss darum, liebevoll zu mir selbst zu sein, zu mir selbst zu stehen, mich abzugrenzen und das Problem eines anderen bei ihm zu lassen. Gelegentlich nehme ich das Familienstellen zuhilfe, um Klarheit in eine Sache zu bringen und sie zu lösen. Auch das Ehrliche Mitteilen nach Gopal leistet wertvolle Dienste.
Z.B. fühlte sich eine liebe Freundin gekränkt, weil ich ihr die gebührende Anerkennung für ihren Beitrag an einem Projekt verbal nicht deutlich mitteilte. Ich bin ihr dankbar für dieses Feedback, auch wenn es erstmal sehr schmerzte. Doch dadurch wurde mir mein Glaubenssatz bewusst: „Meine Anerkennung braucht niemand. Sie ist nichts wert.“ Dieser Glaubenssatz bedeutet mangelnde Liebe zu mir selbst und auch zu den anderen. Wir konnten uns darüber austauschen und sind nun beide um eine Erfahrung reicher.
Mein neues Framing lautet nun so:“ Meine Anerkennung ist wertvoll für die anderen und für mich.“
Oder was ich gar nicht mag, ist Penetranz. Und was kriege ich geliefert? Penetrante Menschen!
Diese Entdeckungen der fehlenden Liebe lehren mich Demut. Zum einen vor der unermesslichen Dimension von Liebe und Unliebe. Das ist überwältigend.
Des Weiteren wird mir immer klarer, wie unangebracht eine Beurteilung eines Menschen ist. Ich kenne sein „Gepäck“ nicht, seine verborgenen Dimensionen. Ich kann seine verbalen Äusserungen und seine Taten beurteilen, doch nicht sein Inneres. Auch wenn ich Vieles anders sehe oder nicht verstehe. Sogar wenn dieser Mensch anderen schadet. Es geschieht nichts ohne Grund. Das heisst nicht, dass ich alles gut finden muss. Gegebenenfalls muss ich mich dagegen abgrenzen oder handeln, um den Schaden abzuwenden oder wenigstens zu begrenzen. D.h. ich kann den Menschen lieben und seine Worte und Taten nicht. Ausserdem ist Beurteilung eh grösstenteils Projektion und die erübrigt sich, wenn man sich die eigenen Baustellen vergegenwärtigt.
Zudem habe ich die Erfahrung gemacht, dass liebevolles Verhalten ansteckend sein kann. Wenn das nicht funktioniert, liegt es entweder daran, dass meine Liebe nicht bedingungslos ist, d.h. es schwingen noch Energien meines Egos mit, z.B. Ärger, Angst, Überheblichkeit, Verurteilung, etc. Oder das Gegenüber hat ein Problem mit der Liebe.
Auch lehrt es mich, die Schwingungsebenen der Energien, auch meiner eigenen, immer differenzierter wahrzunehmen.
Es ist eine tägliche Schulung geworden, die Identifikation mit dem Ego zu lockern. Ich erlebe, wie ich immer mehr in die Freiheit komme zu handeln, wie ich will, und nicht bloss zu reagieren. Mein Vertrauen in mich wächst. Auch meine Verantwortung für mein Handeln. Die äusseren Umstände verlieren an Macht. Allmählich habe ich eine sportliche Haltung entwickelt und es macht zunehmend Spass, mich den Herausforderungen zu stellen, die Wellen zu reiten. Mein Leben wird konkreter und lebendiger. Meine anfänglichen Bedenken haben sich längst aufgelöst. Der Weg ist gleichzeitig beflügelnd und erdend. Mein Leben kriegt Kontur.
Mein Massstab ist nun die bedingungslose Liebe geworden. Das klingt zwar absolut, doch es liegt in der Natur der Sache, sich nicht darin zu verbeissen, sondern im Fluss zu bleiben.
Übrigens: Worin liegt für dich der Unterschied zwischen der Liebe und der bedingungslosen Liebe?
Ich würde mal sagen, dass Liebe etwas ist, was zwischen A und B fliesst, eine Bewegung zwischen A und B mit individueller und situationsbedingter Prägung.
Bedingungslose Liebe hingegen ist für mich ein Sein, ein Zustand, der entweder ist oder nicht, in welchem man ist oder nicht, jenseits des Egos.
Wie siehst du das?
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