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Fremdgehen

Die Würde des Menschen ist unantastbar.

So steht es im Grundgesetz. Doch in unserer Gesellschaft ist das Bewusstsein dafür noch nicht wirklich angekommen.

Ein Beispiel:

Eine Person in fester Partnerschaft geht fremd. Nach der gängigen Moral hat sie etwas Verwerfliches getan. Sie hat die Würde ihres Partners verletzt. Sie ist der Täter und der Partner das Opfer. Auf die eventuell vorausgegangene Schieflage in der Partnerschaft möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen. Vielmehr interessiert mich jetzt, wie mit dieser Situation umgegangen werden kann.

Insgeheim fühlt sich das Opfer gut, es hat ja nichts Schlechtes getan, der andere jedoch schon. Doch bleibt das Opfer in der Opferrolle, ist es für den Täter ein Leichtes, die Verantwortung an das Opfer abzugeben ( bei dir kann man´s ja nicht mehr aushalten, ich habe mich bei dir gelangweilt, du hast mich dazu getrieben…). Das Opfer ist dann zwar empört, manövriert sich aber nur noch weiter in die Opferrolle hinein. Es wird vom Umfeld bemitleidet, weil es sich selber bemitleidet. Es wird nicht ernst genommen, weil es sich selber nicht ernst nimmt. Sobald es das nämlich tut, steigt es aus der Opferrolle aus.

Geht das Opfer in die Eigenverantwortung und stellt es seine Würde selbst wieder her, schaut es, was es braucht, damit es ihm gut geht. Es beendet dieses unheilvolle Karussell von Erwartungen (z.B. einer Entschuldigung), Zuweisungen, Schuld, Unschuld, Moral, Selbstmitleid, Abhängigkeiten, Bedingungen…Das sind alles Ausflüchte, um die Verantwortung für das eigene Wohlergehen abzugeben. Dazu gehören auch eigene tiefschwingende Emotionen wie Rache, Schadenfreude, Eifersucht, Angst…. Oft ist es hilfreich, eigene familiäre oder karmische Verstrickungen mit professioneller Hilfe zu lösen. Es macht sich emotional komplett unabhängig vom Partner. Es wendet sich den eigenen Bedürfnissen und der Lebensfreude zu, ohne Bezug zu nehmen auf den untreuen Partner. Beide sind nun nicht mehr zuständig für das gegenseitige Wohlergehen. Das waren sie übrigens noch nie.

Der Partner ist natürlich erstmal irritiert durch diese unverhoffte Entwicklung. Das geht nicht ohne Reibung ab. Wenn es dem in die Selbstermächtigung kommenden Partner gelingt, eine sportliche Haltung zu entwickeln, kann ihn der heftige Gegenwind immer weniger umhauen. Und allmählich flaut der ab. Nun kann der Fremdgeher nämlich die Verantwortung für sein Handeln nicht mehr abwälzen. Er wird auf sich selber zurückgeworfen.

Und so ganz nebenbei gewinnt das nun in seine Würde hineingewachsene ehemalige Opfer wieder an  Attraktivität, sodass der Partner sich echt überlegen muss, ob er diese Partnerschaft auf´s Spiel setzen will. Wieviel Liebe unter dieser nun abgetragenen Müllhalde wieder zum Vorschein kommen kann, wird jetzt für beide sichtbar.

Wenn sich in diesem Prozess tatsächlich herausstellen sollte, dass die gemeinsame Zeit erfüllt ist und getrennte Wege angesagt sind, ist das auch in Ordnung. Durch diese Läuterung wird es leichter fallen, dies ebenso in Würde zu vollziehen.

 

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